Du oder Sie?
Etwas vom Unangenehmsten für mich, wenn ich eine Person im Geschäftskontext das erste Mal treffe ist für mich jeweils die Frage: bin ich mit der Person ‹per du› oder ‹per Sie›. Ich scheitere regelmässig daran. Es soll sie ja geben, diese Regeln, dass z.B. die ältere Person der Jüngeren das Du anbietet, oder im Geschäftskontext der Rang entscheidend dafür ist, wer die Initiative ergreifen darf. Dann kommt aber auch die Kultur dazu (Nationalität, Branche oder Unternehmen in dem man arbeitet). Diese verschiedene Facetten machen mich in diesem Bereich oft unsicher und ich fühle mich oft so, als dass eine Art Wand zwischen mir und meinem Gegenüber ist, die Distanz schafft und erst einmal überwunden werden muss.
Auch kürzlich stand ich wieder vor so einem Call: Ich kannte die Person nicht, weder ihr Alter, noch ihr Rang. Ich habe sie noch nie vorher getroffen und sah sie auch das erste mal, remote, via Teams. Die Fragen, die ich auch noch Minuten vor dem Call im Kopf wälzte: Wie starte ich das Gespräch? Beginne ich mit Sie, erfrage danach höflich das du? Bleibe ich auf Sie oder starte ich kollegial mit du? Ich habe mich einige Sekunden vor dem Call für Letzteres Entschieden, da ich bisher mit fast allen Kunden ‹per du› bin.
Nun, mein Gegenüber war älter als ich, sprach Hochdeutsch und auch sonst war mein erster Eindruck, dass eigentlich alles gegen das Du sprach. Trotzdem war ich nicht mehr spontan genug für einen Strategiewechsel und habe gleich ungelenk das Du angeboten. Eingewilligt wurde zwar, aber mein Gefühl war: da habe ich es wieder einmal vermasselt und keinen guten ersten Eindruck hinterlassen.
Auch ein anderes Beispiel fällt mir ein: ich wurde in ein Steering Meeting geholt, da ich als PL das dort besprochene Projekt übernehmen sollte. Ich bin mit allen im eigenen Unternehmen per Du, auch bereits mit dem Projektleiter auf Kundenseite. Nun ist aber auch der CEO im Call. Auf meine Frage: ob meine Annahme richtig ist, dass wir alle per Du sind, folgt betretenes Schweigen, das dann der CEO nach einer Weile unterbricht mit: «also wenn nur wegen mir niemand etwas sagt, für mich ist das Du ok.» Peinlich.
Vermeiden lassen sich solche Situationen wohl nie ganz, einzig bei internationalen Calls mit Englisch als Sprache tritt dieses Problem angenehm in den Hintergrund. Denn von Praktikant bis zum CEO, bei allen kommt das ‹Hello, how are you?› gleich höflich an.
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