Kennst du ‹Jemand›? Es ist ein guter Kollege von ‹Man›. Er wird manchmal in Gesprächen erwähnt, die ich im Projektleiter-Alltag führe. Zum Beispiel in Statements wie ‹Jemand sollte noch Y abklären› oder ‹Man sollte noch zusätzlich Standpunkt X in Betracht ziehen›. Eigentlich immer wertvolle Hinweise, aber oft geäussert mit dem Ziel: «Ich möchte es gesagt haben.» und leider nicht «Ich möchte es machen.».
Resultat aus diesen Statements ist, das Ausgesprochene bleibt erst mal liegen. Das kann kurz- oder langfristig dazu führen, dass Unzufriedenheit entsteht bei Stakeholdern des Projekts oder direkt dem Kunden. Das wiederum schlägt nicht auf denjenigen zurück, der das Statement gegeben hat, sondern es muss derjenige den Kopf hinhalten, der erste Kontaktperson des Kunden ist: Der Projektleiter, also ich.
Mein höchster Fokus im Alltag ist die Team- und Kundenzufriedenheit. Gerade deshalb finde es schwierig hier richtig zu entscheiden: Soll ich mich abgrenzen oder werde ich zum Lückenbüsser, eben zu diesem ‹Jemand›? Wenn es Themen sind, die meine Kompetenzen als Projektleiter im Kern betreffen, ist das sonnenklar. Wenn es aber um angelehnte oder ‹artfremde› Bereiche geht, weniger.
So kürzlich die Kundenanfrage an mich als Projektleiter, ausserhalb des Projekts einen Event mit produzierten interaktiven Elementen zu unterstützen. Interaktionsdesign, Filmproduktion – davon verstehe ich nichts. In einem ersten Schritte habe ich intern breit über diese Möglichkeit informiert. Die Antworten dazu waren im Stil von ‹Da muss man unbedingt mitmachen, das ist wichtig›. Ja, ‹man›! Damit das Thema nicht liegen blieb, habe ich Personen zusammengebracht und angefragt, bei denen ich wusste, dass sie durch ihre Kompetenzen als Team diese Herausforderung lösen können. Workshops fanden statt, Ideen wurden geschmiedet, Pläne gemacht, dann das Unerwartete kurz vor der eigentlichen Umsetzung: Krankheitsabsenzen, Kollegen die andere Projekte priorisieren mussten, Ferien hatten. Diese einzelnen guten Gründe führten in der Summe dazu, dass ich plötzlich wieder alleine war mit der Herausforderung. Immer noch konfrontiert mit der Kundenerwartung und einer tickenden Uhr. Long Story short, was hat schlussendlich die Situation gerettet? Mitarbeiter beim Kunden und Kollegen in meinem Projektteam, die nicht gesagt haben ‹Das müsste man noch machen› sondern ‹Ich mache das›.
Und der Ausgang dieses Beispiels zeigt, warum ich gerne Projekte leite und überhaupt Erfolg darin habe: Weil ich in einem Projektteam arbeite, das aus Machern besteht, die anpacken und mit mir ihren Teil der ‹Projektlast› tragen und so das Team mittragen. Und meinen Teil der Projektlast sehe ich eben darin, dass ich zu Gunsten meines Teams das übernehme, was niemanden interessiert, dass ich dieser ‹jemand› bin. Ja, es führt dazu, dass ich mich teilweise mit Dingen beschäftige, die mich selber nicht begeistern, manchmal auch nerven wie Marketing, Recht, Betrieb, Administration, Formalitäten, Sales. Aber es führt im Gegenzug zu Kollegen im Team, die sich auf das fokussieren können, was sie gut können und gerne machen. Und auch für mich selber bietet ‹jemand› zu sein auch eine Chance, nämlich on the job zu lernen, gerade in neuen Bereichen und so meine Erfahrung und Kompetenz auszubauen, Zusammenhänge zu sehen.
Das macht für mich einen guten Projektleiter mitunder aus: Er ist Allrounder, sieht Zusammenhänge und hat die Fähigkeit und Ausdauer, eine geäusserten Idee, bis zum bitteren – aber hoffentlich glücklichem – Ende zu führen, dranzubleiben, auszuhalten und präsent zu sein.
Sollte ‹jemand› Zeit und Musse haben, könnte ‹man› diesen Beitrag kommentieren 😁.
Kommentare
Marc Rufer
Ein echt toller Post! Damit sprichst du vermutlich vielen aus dem Herzen. Ich kenne solche Situationen nur zu gut aus dem Sportverein. Man sollte aktiver sein auf Instagram, jemand könnte doch dies und das noch machen, man sollte doch einen weiteren Trainer finden können. Tolle Ideeen, gute Inputs. Würdige ich die Idee und frage zurück, ob das nicht etwas wäre für den Fragenden resp. denjenigen, der die Idee hatte, erhalte ich meist dieselbe Antwort: «Ich habe keine Zeit»… schade eigentlich, denn das sind oft wirklich gute Ideen – es fehlt einfach der «Jemand», der es macht…
Michael Lutz
Wie wahr. Angesichts solcher Beispiele bin ich eigentlich erstaunt, dass es (Gott sei Dank!) doch noch so viele Personen gibt, die sich intrinsisch motiviert gemeinnützig investieren. Hut ab.