Mein Kapital
Beziehungen

Mein Kapital


Am ersten Tag meiner Ferien habe ich eine WhatsApp-Nachricht eines Projektleiter-Kollegen erhalten. Er wünschte mir einen tollen Ferienstart, wohlgemerkt aus seinen eigenen Ferien in Italien. Ich fand dies beeindruckend. Es zeigte mir, dass er Gedanken, private Zeit dafür investiert, Arbeitskollegen wertzuschätzen. Seine Antwort auf mein Kompliment war:

Ich bin Projektleiter, Beziehungen sind mein Kapital.

Ein Satz, den ich am liebsten einrahmen würde. Ohne ein Team, das mitzieht, ohne Beziehungen kann ein Projektleiter nicht überleben. Dies habe ich vor meinen Ferien in der Praxis erlebt. Als Stellvertreter für ein Projekt wurde ich bei der Übergabe mit einer Deadline konfrontiert. Ausgangslage? Ein Konzept muss in zwei Tagen ausgeliefert werden, ist aber erst ansatzweise formuliert, viele Kapitel fehlen vollständig. Das Projektteam hat einen vollen Terminkalender, ist teilweise abwesend und wir haben noch nie zusammengearbeitet. Selber schreiben ist keine Option, dazu verstehe ich das Thema zu wenig.

Wie bin ich vorgegangen? Bereits vor mehreren Wochen wusste ich von meiner Stellvertreter-Rolle. Und unmittelbar danach war meine erste Priorität die Beziehung zum Projektteam. Ich wollte die einzelnen Personen und ihre Arbeit kennenlernen, wertschätzen und Vertrauen aufbauen. Weiter habe ich für die zwei letzten Tag bis zur Deadline meine gewohnten Prinzipien stur befolgt: Keine Überzeit planen, Freizeit respektieren, alle Informationen transparent und sofort mit allen teilen, Aufgaben zuteilen und meinem Team Verantwortung und Kompetenz übergeben und ihnen das Unmögliche zutrauen.

Ich ging also konkret an die Arbeit, habe einen Teams Chat aufgesetzt, Aufgaben verteilt, Termine gesetzt, bei Einzelpersonen nachgehakt und danach überstürzten sich die Ereignisse und ich habe erlebt, wie Einzelpersonen in diesen zwei Tagen zu einem Team wurden. Es war der Wahnsinn, oder wie es ein Kollege danach ausdrückte «grossartige Teamleistung»! Leistungen wurden gegenseitig wertgeschätzt, Deadline bezogene Termine wurden gegenüber weniger wichtigen priorisiert, einzelne Personen haben freiwillig an ihrem freien Tag Beiträge geleistet, ja sogar Teile meiner miri selber zugeteilten Arbeiten wurden mir von Kollegen abgenommen. Es fanden bilaterale Abstimmungen statt, es wurden Verbesserungsvorschläge gemacht und wo nötig wurde abgegrenzt. Plan war, das Konzept fertig gereviewed um 18:00 zu versenden. Um 17:59 habe ich es auf einer Bank am Bahnhof abgesendet.

Und ganz ehrlich, obwohl das jetzt wie eine Erfolgsgeschichte tönt, habe ich diesen Schlussspurt an einem dieser Tage erlebt, an dem ich das Gefühl hatte überfordert zu sein und selber nichts auf die Reihe zu kriegen. Ich kam erschlagen und eher missmutig zu Hause an und da lag zu meiner Überraschung ein Paket. Es war ein Geschenk und eine persönliche Karte von einem anderem Projektteam, das mit mir bereits über Monate zusammenarbeitet. Es war als ein Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung ihrerseits mir gegenüber gedacht. Ich hatte fast Tränen in den Augen.

Beziehungen sind Vermögen, sie machen das Leben lebenswert, erfüllt und legen den Grundstein um gemeinsam über sich selber hinauszuwachsen.

Was ist dein Kapitel im Arbeitsalltag?

  • Michael Lutz

    IT Projektleiter bei der isolutions AG. Begeistert von Menschen und Technik.

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