Kürzlich stand eine Reise in den Europa-Park an. Meine Motivation für diesen Park und die Reise waren nicht die Achterbahnen, sondern die gemeinsame Zeit mit meinen Kollegen. Vor rund 15 Jahren war ich das letzte Mal dort. Achterbahnfahrten gehörten für mich jeweils zum Highlight. Unterdessen beobachte ich lieber von ausserhalb, wie meine Kinder auf jede noch so extreme Achterbahn gehen, die ihre Körpergrösse zulässt. Mein Gedanke: Ich bin 40 und muss mir diesen Nervenkitzel und die damit verbundene Angst nicht mehr antun.
Und genau das habe ich mir auch vor der geplanten Tagesreise gesagt: Lieber gemütlich ein Bier trinken und warten, als stundenlang Schlange stehen, um danach gestresst zu werden. Selbstverständlich habe ich das auch direkt meinen Kollegen mitgeteilt. Sie waren vermutlich erstaunt, aber haben diese Entscheidung nicht kommentiert, sondern respektiert und mich mit keinem Wort vom Gegenteil überzeugen wollen.
Danach fanden wir uns vor der Eurosat wieder, die ich als einzige Achterbahn sicher fahren wollte. Wartezeit bereits 40 Minuten. Die Silverstar ist daneben. Eine dieser für mich ‹extremen› Achterbahnen. Dann die Frage meines Gegenübers: Gehen wir auf die Silverstar? Ich sage, warum auch immer: «Ja». Auf der Achterbahn dann bleiben meine Kollegen in derselben Sitzreihe ruhig und gefasst, haben sich gefreut. Ich habe jedoch meine Entscheidung bereut und fühlte mich gestresst – aber ihre entspannte Haltung hat mich ein wenig beruhigt. Die Fahrt war ok, für mich persönlich aber zu extrem und mein Fazit: Das war es jetzt für heute.
Während dem Mittag haben meine Kollegen erwähnt, dass sie heute sicher die neue Achterbahn fahren werden – Voltron. Für mich sogar mehr als nur eine ‹extreme› Achterbahn. Meine Antwort: Macht das, aber ohne mich. Wieder hat mich niemand versucht zu überzeugen. Da war nur die Frage: Warum? Und der Hinweis, dass meine Kinder das vermutlich toll finden, wenn ich da gehen würde und dass es für mich eine einmalige Chance sei, uns via Virtual Line die 90 Minuten Wartezeit ersparen zu können. Ich habe mir diese Argumentation überlegt und kam zum Schluss: Grenzen ziehen ist gut, aber irgendwie fühlt es sich nun richtig an, das einfach zu versuchen. Ich begann es als eine einmalige Chance zu sehen, in der ich mehr gewinnen als verlieren werde.
Der Rest ist schnell erzählt, neben Voltron gingen wir noch auf die Bluefire und beide Fahrten waren unglaublich extrem – aber gleichzeitig auch irgendwie toll. Ich ging glücklich und mit dem Gefühl nach Hause, etwas gewagt und über mich hinausgewachsen zu sein.
Auf die Frage meines Kollegen: Warum bist du jetzt doch gegangen, fand ich keine Antwort. Heute habe ich eine: Weil meine Kollegen die von mir gesetzten Grenzen respektiert und Verständnis gezeigt haben, dann doch sachlich nachgefragt und anschliessend mir den Nutzen der Fahrt aufgezeigt haben. Und nicht zuletzt: Weil sie ruhig mit dabei waren und dasselbe erlebt haben.
Genau so soll sich ein Kunde fühlen, wenn ich und mein Team ihn begleiten:
- Er soll sich respektiert, gehört und verstanden vorkommen
- Er soll durch mein Zuhören und meine Fragen selber realisieren, was gut für ihn ist
- Er soll durch meine ruhige Begleitung die wilde Achterbahnfahrt eines Projekts möglichst gelassen überstehen
Was unternimmst du, damit deine Kunden die Fahrt durch die Projekt-Achterbahn möglichst unbeschadet überstehen und geniessen?
PS: Ein grosses Danke an meine Europa-Park-Begleiter für diese Lektion und die Inspiration zu diesem Blog-Beitrag.
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