Ich habe ein Umzug Wochenende hinter mir. Damit verbunden wochenlange Vorbereitungen und unglaublich intensive und gefüllte letzte Tage. Dann kam der Schlussspurt in der alten Wohnung, bereits das Putzinstitut im Haus, das Zimmer für Zimmer reinigte während ich noch fortlaufend die letzten Gegenstände in Kisten räumte und Wände ausbessern.
Die beiden Männer vom Putzinstitut und ich haben über vier Stunden schweigend nebeneinander gearbeitet. Jedes Mal, wenn ich einem Arbeiter begegnet bin, hat er mir ein Lächeln geschenkt und umgekehrt. Zum Schluss, als die letzte Kiste gepackt und verstaut war, informierte ich einen Angestellten, dass ich nun gehe und alles leer sei. Seine Aussage: «Sie müssen müde sein!». Treffender hätte seine Erkenntnis nicht sein können. Meine Rückfrage: «Sie auch, oder?». Seine Antwort: «Leider ja!».
In unserem kurzen folgenden Gespräch fand ich heraus, das er pro Woche über 50 Stunden arbeiten muss. Ich kommentiere, dass das hart sei, worauf er nur lächelte und erwiderte: «so ist das Leben» – und weiterarbeitete.
Dieses Gespräch ist mir nachgegangen und hat mich inspiriert für meinen Projekt-Alltag indem ich realisierte:
- Ein Lächeln verbindet ohne Worte. Und in meinem Alltag? Eine Begegnung auf dem Gang im Büro, die ersten Sekunden in einem Teams-Call, ein Projekt-Meeting: Lächeln kommt offenen Armen gleich und öffnet die Herzen meiner Gegenüber.
- Empathie erleichtert. Was vorher als Last und als schwierig empfunden wurde, kommt einem bei einem mitfühlenden, empathischen Gegenüber plötzlich viel leichter vor. Und in meinem Alltag? Ehrliches Interesse und Mitgefühl für die Interessen, Gefühle und Herausforderungen meiner Kollegen, Kunden im Geschäft wie privat.
- Eine positive Arbeitseinstellung hilft auszuhalten. Aufgeben beginnt im Kopf. Und Erfolg beginnt meistens nicht durch kurzfristige Hochs, sondern indem man Ausdauer zeigt. Und in meinem Alltag? Ein Projekt dauert nicht einen Tag, sondern viele Monate, Jahre. Herausforderungen kommen garantiert – diese gilt es positiv anzuschauen und mit mentaler Stärke auszuhalten bis zum Schluss, dem erfolgreichen Projektende.
Und übrigens, ist es nicht typisch, dass ich diese Lektionen von einem schlecht Deutsch sprechenden Angestellten des Putzinstituts vorgelebt erhalte und nicht von einem Ted-Talk-Speaker oder sonst einer Person im Rampenlicht? Sind es nicht meistens die Personen, die von unserer Gesellschaft wenig beachtet, teilweise sogar verachtet werden, die uns am meisten inspirieren?
Kommentare
Leo L.
AuthorDie Dorfspooks munkeln dass die zwischenmenschlichen Spannungen ein Ausmass angenommen hätten, welches nicht mehr zu übersehen war – trotz oder wegen Empathielosigkeit.